![]() |
Ryan Crossfield - Druckversion +- Make Me Run (http://make-me-run.de) +-- Forum: Auftakt (http://make-me-run.de/forumdisplay.php?fid=1) +--- Forum: Verzeichnis (http://make-me-run.de/forumdisplay.php?fid=7) +---- Forum: Steckbriefe (http://make-me-run.de/forumdisplay.php?fid=48) +---- Thema: Ryan Crossfield (/showthread.php?tid=764) |
Ryan Crossfield - Ryan Crossfield - 06.10.2021 1953 „If they don’t want you, they don’t deserve you“ „He Kiddo, reichst du mir mal den zwölfer Schlüssel?“, ertönt eine Stimme, dessen Urheber gerade nicht sichtbar ist. Erst als er merkt, dass der kleine Junge seiner Bitte nicht nachkommt, hebt der in die Jahre gekommene Mann den Kopf und späht an dem Kotflügel des Autos vorbei zu dem in der Tür stehenden Ryan. Nur ein Blick genügt und ein mildes Lächeln zeichnet sich auf den Gesichtszügen des Autoschlossers ab. „Was war es diesmal? Hat er wieder deinen Namen vergessen?“ Der Junge grummelt und verdreht die Augen. „Ich heiße nicht Bryan.“ „Das ist aber verdammt nah dran, musst du zugeben.“, sagt der alte Nachbar durchaus verständnisvoll, aber mit einem Grinsen, bevor er dem Jüngeren durch die Haare wuschelt, als dieser ihm den gewünschten Schlüssel bringt. „Oh komm schon. Mach nicht so ein Gesicht. Du hast da Öl an der Wange.“ „Hab ich gar nicht!“ „Jetzt schon“ Ein warmherziges Lachen und ein Junge der sich grinsend das schmutzige Öl von der Wange streicht. ~ „Was ist das nochmal für ein Auto?“, fragt der Junge, der gelangweilt die langen Beine baumeln lässt. „Ein Bentley. Hab ich dir doch schon dreimal gesagt.“ Darüber werden nur die schmalen Schultern gezuckt. „Und woher hast du ihn?“ „Geklaut natürlich.“ Die Kinderaugen weiten sich, werden aber bald von einem Lachen des Gegenübers beruhigt. „Er gehört meinem Onkel. Er mochte die Karre nie. Schluckt zu viel Benzin, geht ständig kaputt… er meinte, ich dürfte mich drum kümmern, wenn ich möchte. Damit er nicht rostet.“ „Dein Onkel muss viel Geld haben…“ „Oder anderen viel Geld aus den Taschen ziehen.“ Ryan runzelt nur die Stirn, denn all diese Diskussionen über Geld versteht er oft noch nicht. Darüber spricht sein Vater auch immer. Über Geld. Seinen Kontostand kennt er immer, wohl aber nicht den Namen des eigenen Sohnes. „Meinst du, dein Onkel will das Auto irgendwann wieder haben?“ Darüber wird nur der Kopf geschüttelt. „Unwahrscheinlich. Ich denke, dass er sich nicht einmal mehr an die Karre erinnert. Er hat's nicht so mit Autos“ „Dann gehört es ja doch dir?“ Lachen. „Reich mir lieber mal eine neue Schraube, sonst haben wir nicht mehr viel davon, egal wem er gehört… - ups.“ Der Schlüssel rutscht ihm aus der Hand und würde nur Sekunden später mit dem empfindlichen Lack kollidieren. Niemand kann es verhindern, kein Reflex ist schnell genug… und doch passiert es nicht. Der Schlüssel schwebt wenige Millimeter höher in der Luft, sodass der Automechaniker ihn einfach aus der Luft nehmen kann. Ryan jedoch sitzt dort mit riesigen Augen. „Ich… das… ich wollte nicht.“, stammelt er und sucht offensichtlich nach einer Erklärung. Doch wie so oft treffen die verängstigten Blicke auf ein wissendes Schmunzeln des Gegenübers. „Ich weiß, dass deine Eltern Zauberer sind, Ryan.“ „Aber du bist ein Muggel!“, erwidert der Junge aufgeregt mit pochendem Herzen. Es ist doch verboten vor Muggeln zu zaubern! „Bin ich das?“, fragt eben dieser und grinst vor sich hin. „Keine Sorge, bei mir ist dein Geheimnis sicher. Ist dir das vorher schon mal passiert?“ Ryan schüttelt unsicher den Kopf. „Dann Glückwunsch zum ersten magischen Erlebnis.“ „Aber…. Ich verstehe nicht. Woher kannst du es wissen, wenn du doch kein Zauberer bist?“ Es ist das erste Mal, dass Ryan ein beinahe trauriges Lächeln auf den Lippen des Älteren sieht. „Weil nicht alle Zauberer das Glück haben ihr erstes magisches Erlebnis zu haben. Oder überhaupt Magie zu entwickeln. Manchmal passiert es einfach nicht, versteht du?“ Ein unsicheres Nicken. „Dann bist du ein Squib… du hast es mir nie gesagt!“, stellt Ryan empört fest. „Man redet nicht darüber… es ist ein Tabuthema und ich versteck mich lieber hier in der Werkstatt statt mich in eine Gesellschaft einzubringen, in die ich eigentlich gar nicht gehöre.“ Ein Satz, der Ryan noch lange im Gedächtnis bleiben wird… 1963 „Our paths may change as life goes along, but the bond between us will remain forever strong“ „Ich will nicht, dass du gehst!“, sagt das kleine Mädchen und eine dicke Träne kullert über ihre Wange. Der große Bruder schmunzelt sanft und hockt sich vor seine viel jüngere kleine Schwester um sie in die Arme zu schließen. „Ich bin doch nur eine Woche campen. Danach bleiben uns noch zwei ganze Wochen bevor ich wieder nach Hogwarts muss.“, erklärt Ryan. „Und dann verlässt du mich wieder!“ Ein warmherziges Lachen. „Ich verlasse dich nie.“ „Versprochen?“ „Versprochen. Ich werde immer da sein.“ Hoffnungsvolle Blicke. „Sei artig ja? Und wenn etwas ist, dann gehst du rüber in die Werkstatt und…“ Das Gespräch wird unterbrochen von einer lauten Stimme, die durch das Haus grollt: „Ist der Junge endlich weg?“ Und einer schrillen weiblichen Stimme, die antwortet: „Ryan verabschiedet sich noch von seiner Schwester!“ „Er setzt ihr nur Flausen in den Kopf! Es wird Zeit, dass der Junge auszieht! Ich will ihn nicht mehr sehen!“ „Kommst du rein, Prinzessin? Es gibt gleich Abendessen.“, fragt die Mutter nun an der Haustür. Die Stimme viel sanfter, da sie das Mädchen anspricht. Geschwister, die traurige wissende Blicke tauschen. Wieder kullern Tränen und eine letzte innige Umarmung wird getauscht. Nur weil er weiß, dass sie gut zu ihr sein werden, kann er gehen. Sie ist ihre Prinzessin. Das war sie immer. Er nimmt es ihr nicht böse. Sie kann nichts dafür, dass die Eltern sie immer bevorzugt haben. Dass sie immer die Prinzessin war und er nur der ungewollte Sohn. Ein Unfall. Nicht erwünscht. ~ „Feel like making a deal with the devil?“ “Noch immer sucht man nach dem verwilderten Hund, der vor vier Wochen zwei Wanderer tödlich verletzte. Es wird vermutet das Tier sei tollwütig gewesen. Anders können sich Mitarbeiter des Veterinary Office die unübliche Aggressivität des Tiers nicht erklären. Sollten sie ein Tier entdecken, welches sich verdächtig verhält, nähern sie sich auf keinen Fall und verständigen sie…“ Weiter kann die Muggelzeitung nicht gelesen werden, denn das Titelblatt ist blutverschmiert. Blutverschmiert, so wie auch der Junge es ist, der sich mit zittrigen Beinen zu einer Wäscheleine schleppt um aus dem Vorgarten eines Muggelhauses eine Hose und ein Hemd zu stehlen. Die Kleidung klebt an der Haut, dort wo Matsch und Blut sie bedeckt. Aber es ist nicht sein Blut. Der Blick des Jungen wandert hinüber zu einem merkwürdig wirkenden Klumpen. Ein Klumpen, der wohl einst ein Mensch gewesen sein muss. Die Gliedmaßen sind seltsam verdreht. Teile des Fleisches herausgerissen… Und wieder dreht sich ihm der Magen um, doch diesmal schafft er es zumindest beherzt in eine Hecke zu kotzen. Zitternd hält Ryan sich an dem niedrigen Gartenzaun fest. Er weiß, er muss weiter… doch seine Beine wollen ihn nach der Verwandlung am liebsten kein Stück mehr tragen. Schlaf. Schlaf klingt verdammt gut… Mit einem leisen Seufzen lässt er sich zu Boden sinken, lehnt den Kopf an den Holzzaun und gönnt dem Körper einen Moment Ruhe nach der schmerzhaften Verwandlung und der anstrengenden Nacht. Es ist gefährlich, denn obwohl es erst sein zweiter Vollmond ist, so hat er schnell gelernt wie feindlich die Welt gegenüber Werwölfen gesinnt ist. Acht Wochen in denen Ryan quasi in der Gosse gelebt hat. Zwischen Mülltonnen und Ratten, die es auch heute noch zu Massen in den Gassen Londons gibt. Das schlimmste daran sind die aufmüpfigen Muggel. Jene, die betrunken über einen stolpern, genauso wie diejenigen, die eigentlich nur helfen wollen. Nirgendwo hat man wirklich seine Ruhe. Seit Wochen hat er nicht mehr richtig geschlafen und dies zusammen mit der Verwandlung fordert seinen Tribut von dem Jungen. Nachhause zu gehen ist keine Option. Ein Zuhause hat er nicht mehr. Was bleibt ist die Zaubererwelt, deren Jägern er letzten Vollmond nur knapp entkommen ist. Sie waren noch in der Nähe als er sich zurückverwandelte. Aber der Wolf muss es geschafft haben sich zu befreien. So wie auch dieses Mal. Gerade will er also etwas des dringend benötigten Schlafs nachholen, da ertönt ein leises Klicken. Zu laut für die noch empfindlichen Ohren. Der Junge zuckt leicht zusammen und braucht einen Moment um sich zu orientieren. Erst dann fällt sein Blick auf den Mann vor ihm, der sich gerade eine Zigarette angezündet hat. Das Feuerzeug scheint für das Geräusch verantwortlich gewesen zu sein. Ein leises nerviges Klicken. Er sollte wohl Furcht empfinden, doch etwas lässt ihn zögern. Hätte der Mann vor ihm ihn töten wollen, so hätte er es doch längst getan, nicht wahr? Er wirkt nicht wie ein Jäger… "Du scheinst dein Vollmond-Problem noch nicht allzu lang zu haben.“, beginnt der Unbekannte ruhig. Er versucht offensichtlich nicht zu der Leiche hinüber zu sehen, aber das kann Ryan ihm nicht verübeln. Ihm wird ja selbst allein bei dem Gedanken schlecht. Wer ist er? Und was macht er hier? Hat er Ryan etwa verfolgt? Etwas blitzt am Himmel in seinem Blickfeld auf. Ein Zauberer auf einem Besen. Noch kann Ryan nicht wissen, dass es Alphard Black ist, der geholfen hat den jungen Werwolf aufzuspüren. Er vermutet auch nicht, dass dies vor ihm ein verrückter Wissenschaftler ist. Müde blickt er also zu ihm auf. Das Gesicht mit Matsch und Blut beschmiert. Kein Grund das wahre Wesen zu leugnen. Immerhin liegt keine 5 Meter entfernt eine Leiche. “Wenn sie wissen was ich bin, dann kennen sie auch das Schicksal was mir bevorsteht, wenn das Ministerium mich findet. Wären sie also bitte so freundlich und würden mir eine Zigarette leihen, bevor sie die rufen? Ich könnt‘s gerade echt gebrauchen.“, murmelt er beinahe gleichgültig obgleich seines Schicksals. Schlimmer kann’s nicht werden, oder? Ryan hat jedoch nicht damit gerechnet tatsächlich eine Zigarette zu bekommen, doch der Unbekannte reicht sie ihm und zündet sich selbst eine neue an. "Klar. Allerdings werde ich die nicht rufen, es sei denn du verlangst danach." Kein Verbündeter des Ministeriums also? Ein wenig Asche wird auf den Boden geschnippt, der Junge aufmerksam betrachtet. "Damocles Belby. Ich forsche an einer Möglichkeit das da…“, unwirsch wird in Richtung Leichnam gedeutet, „…der Vergangenheit angehören zu lassen. A propos, brauchst du eine Hand zum aufstehen? Du solltest hier weg." Nach einem tiefen Zug an der Zigarette schließen sich die müden Augen für einen Moment. Es bringt nicht viel, beruhigt aber die Nerven ein wenig. Kurz flackert der Blick trotzdem zu der Leiche. Reue liegt darin. Reue und Ekel. Was Belby dort sagt, klingt grotesk und Ryan ist schon jetzt klar, dass der Ältere nicht alle Latten am Zaun haben kann. Nicht weit weg ertönt plötzlich ein Knall. Jemand ist appariert. Sicher kein Freund. So fällt die Wahl leichter. Übel oder größeres Übel. „Ich würde Ihnen ja jetzt die Hand reichen, Mister Belby, aber…“, um es zu verdeutlichen wird die Hand hochgehalten. Sie ist voller Blut. Unappetitlich. Also kämpft er sich selbst auf die zittrigen Beine und sieht den Forscher an. “Hören sie, dass was sie da sagen ist vollkommen verrückt. Unmöglich. Aber wenn sie mich tatsächlich nicht an die da aushändigen wollen, dann sollten wir einen Zahn zulegen. Um ehrlich zu sein, würde ich für ein wenig Schlaf und vielleicht eine warme Dusche so einiges tun - Also wie sie sehen, ich hab nichts zu verlieren. Bringen Sie mich hier weg und im Gegenzug werd ich sehen das ich mich für ihre Großzügigkeit revanchiere.“ Ein zufriedenes Grinsen huscht über das Gesicht des Forschers. "Das sagen viele und das wurde immer gesagt, ehe etwas möglich war. Man muss nur bereit sein entsprechenden Elan und Durchhaltevermögen hinein zu legen.“, erklärt er seine Überzeugung und zwinkert dem Jungen zu. "Ich bin definitiv dafür, das du eine Dusche nimmst und danach besprechen wir mein Angebot bei einem ordentlichen Essen, ja?" Wird er nun gleich fragen, ob Menschenfleisch einem Wolf in menschlicher Gestalt schmeckt? Verdammt… der Typ ist vollkommen verrückt. Damocles streckt seine Hand aus, nimmt den Jungen am Arm und rümpft die Nase. "Und was frisches zum Anziehen... Merlin..." Ein sachtes Plopp und die beiden apparieren. ~ Es dauert eine ganze Weile bis der Schmutz und auch das Blut runter gewaschen ist. Als Ryan schließlich von den Hauselfen in Richtung des Esszimmers geführt wird, bedecken frische Klamotten seine Haut und auch die Haare sind ordentlich zurück gekämmt. Seit einem Monat hat er sich nicht mehr so sauber gefühlt. So menschlich… und eben doch nicht wirklich. Er bleibt im Flur stehen und schielt unsicher in Richtung der Haustür. All das hier? Vollkommen verrückt! Sollte er einfach verschwinden? Dieser Belby hat sie doch nicht alle! Aber andererseits hatte Ryan versprochen zu helfen… und wo soll er schon großartig hin? Er folgt also den Hauselfen und lässt sich im Esszimmer angekommen auf einen Stuhl sinken um den Gegenüber aus dunklen Augen zu fixieren. “Sie haben gerade einen Werwolf von der Straße entführt und zu sich ins Haus geholt, obwohl sie wissen, dass dieser vom Ministerium gesucht wird und sie sich damit strafbar machen.“, stellt er überflüssiger Weise fest. “Was genau versprechen sie sich also davon? Wo ist der Haken?“ Denn einen Haken, den gibt es immer. Belby gluckst leise. "Ich glaube du hast keine Ahnung von der Art und Weise wie das Ministerium arbeitet." Offenbar seelenruhig gießt er sich sein Glas mit Wasser voll und sieht Ryan fragend an, ob er auch welches möchte. "Sie suchen Werwölfe, in deiner menschlichen Form bist du gerade nicht weiter von Belang. Da gibt es schwerwiegendere Fälle als dich. Gezieltere Attacken." Zum Beispiel die Angriffe auf Kinder von denen Ryan schon zuvor gehört hat. "Ich bin Forscher und möchte einen Weg finden, dem Mond den Einfluss auf Verwandlungen wie die deine zu rauben. Das Projekt ist finanziert, genehmigt, aber auch die besten Recherchen bringen nichts ohne Menschen, die sich in den Dienst der Forschung stellen. Es an normalen Wölfen zu erforschen ist leider unmöglich. Ich würde also gerne mit dir zusammenarbeiten, weil du etwas hast, das ich brauche - und ich dir Unterkunft, Versorgung und Sicherheit bieten kann. Inklusive Schutz vor Verfolgung durch das Ministerium." Dankend wird das Glas Wasser angenommen und der junge Werwolf bemüht sich es nicht herunterzukippen wie ein Verdurstender. Am liebsten würde er direkt nach mehr fragen, doch er belässt es dabei, denn er möchte nicht zugeben wie jämmerlich seine Situation ist. Kein Dach über dem Kopf, kein Essen und das Ministerium auf den Fersen. Dazu kommen die Probleme, die mit Schuldgefühlen und dem Ekel einher gehen. Die Bilder, der toten Menschen, die sich ins Gedächtnis gebrannt haben. Was also hält ihn davon ab freudig ‚wo soll ich unterschreiben?!‘ zu rufen? Nicht viel. „Sie suchen also nach einem Mittel um die Verwandlung zu verhindern… um uns zu heilen.“, meint er und glaubt es verstanden zu haben. Unwissend das noch so viel mehr dahinter steckt. "So ist es. Das Ziel meiner Forschung ist es, die sinnberaubte Bestie zu Vollmond der Vergangenheit angehören zu lassen.“, stimmt Belby zu. Ein zögerliches Nicken. Was hat Ryan auch für eine Wahl? “Ich kann nichts anderes tun als ihnen zu vertrauen, Mister Belby. Wie sie sicher ahnen, habe ich nicht viele Alternativen. Ich erwarte jedoch von ihnen außerdem eine gewisse Anonymität. Man glaubt ich wäre bei dem Angriff gestorben und es soll so bleiben. Niemand darf erfahren das ich hier bin… und was ich bin.“ Niemand. Besonders nicht seine Familie. Nicht seine Schwester. Das Gesicht des Forschers wird aufmerksam gemustert und es werden Anzeichen gesucht, die auf eine List hindeuten. Doch bisher sieht es so aus als würde er es tatsächlich ernst meinen. „Ich kenne deine Vorgeschichte nicht. Alles was vor deiner Verwandlung geschah wird mich nicht interessieren. Natürlich müssen detaillierte Aufzeichnungen angefertigt werden, aber du wirst dort nur eine Nummer sein, kein Gesicht anhand dem man dich womöglich dann schickanieren könnte. Der Fokus liegt auf der Forschung und eine Verbesserung der Tage vor und nach dem Mond - tragische Geschichten dahinter gibt es zuhauf, aber sie helfen nicht dabei diesem Ziel näher zu kommen.“, erklärt der Forscher. Eine Nummer… das klingt sehr kühl. Aber Ryan hat sich ja gewünscht keine Fragen gestellt zu bekommen, also wird er sich nicht beklagen. Auch wenn gleichzeitig eine gewisse Unsicherheit bleibt. “Wie genau stellen sie sich das vor? Ich denke sie wollen sicher nicht einen Werwolf, der ihnen an Vollmond die Bude zerlegt. Ich kann schließlich nicht garantieren, dass der Wolf sich mit dem Zerfleischen der Couchgarnitur zufrieden gibt… Wo soll ich dann hin? Und was bedeutet diese Zusammenarbeit für mich?“, erkundigt Ryan sich und runzelt leicht die Stirn. Ein amüsiertes Schnauben ertönt. “Du wirst ein Wolfsicheres Zimmer im Labor bekommen. Essen, Fernsehen und dazwischen Befragungen und Tests. Um den Wolf zu bezwingen müssen wir ihn kennenlernen, also wirst du unter Beobachtung stehen. Rund um Vollmond ist deine Anwesenheit verpflichtend, um Änderungen überwachen zu können. Abseits davon kannst du natürlich auch raus. Eine Zusammenarbeit bedeutet neben den Annehmlichkeiten für dich vor allen Dingen, dass der Punkt Privatsphäre wegfällt.“, erklärt Belby daraufhin und Ryan hebt sogleich fragend eine Augenbraue. „Ihnen ist bewusst, dass sie wie einer dieser kranken Stalker klingen, oder?“, fragt der Werwolf. Jedoch mit einem Lächeln auf den Lippen. Keine Privatsphäre… das klingt schon gruselig. Aber diese Befragungen und Tests klingen momentan fast lächerlich, wenn im Gegenzug ein sicheres warmes Bett dabei rausspringt. Außerdem... ganz heimlich und leise, keimt in ihm die Hoffnung dieses Heilmittel könnte ihm tatsächlich helfen. Er würde alles tun um dieser Krankheit zu entkommen... und um zurück zu seiner Schwester zu können. Das Lächeln auf den Lippen bleibt also und dazu kommt ein zustimmendes Nicken. „Ich schätze dann haben wir einen Deal, Mister Belby. Sie können mich übrigens Ryan nennen“ 1966 „You never know how strong you are, until being strong is the only choice you have“ Ein dumpfes Pochen. Immer wieder. Es hallt in seinen Ohren. Wie Trommelschläge. Aber irgendwie zu langsam. Schrecklich müde öffnet er die Augen. Es ist dunkel. Abenddämmerung. Der Vollmond steckt ihm noch in den Knochen. Erst letzte Nacht stand er voll am Himmel und so hat Ryan den ganzen Tag über geschlafen. Langsam dreht er den Kopf und mustert den noch gefüllten Teller auf dem Nachtschrank. Er erinnert sich wie Belby vorhin persönlich vorbeikam. Unüblich optimistisch. „Du warst ruhiger letzte Nacht! Ein Fortschritt!“ Der verrückte Wissenschaftler eben… darüber konnte Ryan nur den Kopf schütteln. Könnte er zumindest. Wäre da nicht dieser merkwürdige Druck auf seiner Brust, der ihm beinahe das Atmen schwer macht. Schwungvoll werden die Beine vom Bett geschwungen, eine Hand fährt durch die dunklen schwarzen Haare. Noch eben war das Klopfen langsam. Nun ist es lauter. Viel lauter. Schneller. Ryan spürt sein eigenes Herz schlagen als wäre er gerade einen Marathon gerannt. Ihm ist plötzlich warm. Fast als stünde ein Vollmond kurz bevor. Dabei ist es doch längst vorbei. Und wieso rauscht das Blut so in seinen Ohren? Er steht auf, doch die Welt dreht sich. Bunte Flimmern zeichnen sich vor seinen Augen ab. Das Pochen wird schneller. Dröhnender. „Dam?“, erklingt die eigene Stimme. Seltsam wie weit weg sie sich anhört. Die angelehnte Tür der „Zelle“ wird aufgedrückt. Der Junge wankt in den Flur ohne wirklich etwas zu sehen. Zu benommen ist er bereits. Ein Geräusch weckt seine Aufmerksamkeit. Eine Tür quietscht als der verrückte Wissenschaftler den Flur betritt. „Dam…“ Dann ein Ziehen in der Brust, ein ersticktes Keuchen und der junge Körper kollidiert mit dem harten Boden. ~ Bilder. Nur Bilder. Ein kurzes Aufflackern des Bewusstseins. Ein Laborzimmer. Fremde Stimmen. Helles Licht, welches auf den Jungen gerichtet ist. Hände die sich bewegen wollen, aber durch Fesseln daran gehindert werden. Panik. Wieder dieses Pochen. Viel zu schnell. „Beruhig dich! Du musst ruhig bleiben.“ Kopfschütteln. Eine Nadel. Stille. ~ Ein schwaches Herz. Zwei Herzinfarkte. Beinahe war es zu spät. Ein junger Mensch der entmutigt den Kopf hängen lässt bei dieser Diagnose. Er ist kaum 20. Noch nicht mal ansatzweise erwachsen. Und doch ist ungewiss ob er die nächste Nacht des Vollmondes überleben wird. Ob es nicht zu viel wird für das schwache Herz… Der Wissenschaftler, wie er näher kommt. „Fass mich nicht an.“ Ein Knurren. Doch natürlich wird sich nicht daran gehalten. Plötzliches Aufkommen von Wut. Eine Faust, die im Gesicht von Damocles Belby landet. „Fass mich nie wieder an!“ ~ Ein Wolf in einer Zelle. Winselnd. Zitternd. Schwer atmend als wäre allein das schon Anstrengung genug. Beim Anblick von Belby reicht es gerade so für ein mürrisches Knurren. Die Furcht des Wolfes ist größer als der Drang zu Jagen. Wölfische Augen, die zu fragen scheinen: „Was hast du mit mir gemacht?!“ „When someone does something wrong, don‘t forget all the things they did right“ Zerspringendes Glas, Scherben, die wild durcheinander springen und sich mit den Elixieren am Boden vermischen, von denen bereits Dämpfe aufsteigen. Ob es wohl giftig ist? Aber wen interessiert das schon? „Ryan!“, erklingt eine Stimme, die der junge Werwolf nie zuvor so zornig gehört hat. Belby kommt ins Labor gestürzt und sieht das Chaos, was dort angerichtet wurde. Er hält jedoch inne und zögert, denn das was sich vor seinen Augen abspielt gleicht einem Albtraum. Die Elixiere zerbrochen, vermischt, zerstört. Allein das ist noch nicht schlimm, denn diese würde man neu herstellen können. Viel schlimmer ist das, was Ryan in den Händen hält. Die Dokumente, auf denen die Forschungsergebnisse festgehalten wurden und darunter drohend ein gezündetes Feuerzeug. Der Forscher schluckt schwer und sieht den jungen Werwolf nun endlich an. „Ryan, hör zu…“ Dieser lässt ihn jedoch gar nicht zu Wort kommen und schüttelt entschieden den Kopf. „Das war’s, Dam. Es ist Schluss mit diesem ganzen Wahnsinn!“, knurrt er und hebt das Feuerzeug um sein Werk zu Ende zu bringen. Zumindest wollte er es, denn als der Forscher den Zauberstab hebt, geht der Werwolf doch lieber in Deckung. Sein Glück, dass Belby weiß wie verheerend es wäre den Werwolf anzugreifen. Ein gut platzierter Schockzauber wäre vermutlich schon zu viel für das schwache Herz. Stattdessen beobachtet er jeden Schritt, während Ryan den Tisch in der Mitte des Raumes umrundet. „Du wusstest die ganze Zeit, dass sowas passieren kann. In der Forschung gibt es immer Verluste und Rückschläge“, redet er ruhig auf den Jungen ein und trifft damit einen wunden Punkt, denn Ryans Augen verengen sich finster. „Verluste, hm? Mehr bin ich wohl für dich nicht? Ein Subjekt, nicht wahr? So nennst du mich doch in diesen verdammten Dokumenten.“ Dokumente, die nun zu Boden geworfen werden und dort völlig durcheinander geraten. Niemals ist er irgendjemanden wichtig gewesen. Niemals hat es irgendwen auch nur interessiert was aus ihm wird. Selbst Belby nicht… und dabei hat er ihm vertraut. Die finsteren Blicke treffen sich für einen Moment. „Ich gehe.“, meint Ryan dann schlussendlich und wendet sich zum gehen. Davon wird er jedoch abgehalten, als eine Hand sich um seinen Arm legt. Ihn zurückhält. „Du kannst nicht gehen. Ohne medizinische Versorgung überstehst du den nächsten Vollmond nicht.“, erklärt der Forscher überraschend ruhig, obwohl auch er schrecklich wütend sein muss. Nicht ruhig genug jedoch um den Jungen ebenfalls zur Ruhe zu bringen. „Was interessiert es dich schon wenn ich verrecke? Du hast mir das hier doch angetan!“ Und so wird der Arm losgerissen und der junge Werwolf verlässt das Labor. Wütend stampft er die Straße entlang, während es in der Ferne grollt und sich somit ein Gewitter ankündigt. Schon jetzt vermisst er das warme Bett, welches nun verlassen im Labor stehen wird. Ein Labor, das ihm nun fast drei Jahre lang ein Zuhause war. Ein Ort an dem er sich sicher fühlte. So erwischt er sich dabei wie er einen Blick zurückwirft. Nur kurz und unentdeckt. Und doch… so wird er es vermissen. „We all need something to fight for“ Eine staubige Wolke steigt auf als Ryan die riesige Plane von dem Auto zerrt. Er hustet leise. Die Werkstatt liegt verlassen da und als hätte in den letzten drei Jahren niemand etwas hier gemacht. Alles ist sauber und ordentlich hinterlassen. Fast als hätte jemand nach einem Arbeitstag aufgeräumt und wäre nie zurückgekommen. Es ist, als hätte Ryan einen Kloß im Hals, denn er befürchtet zurecht, dass sein alter Freund, dem die Werkstatt einst gehörte, nicht mehr da ist. Was er jedoch auf dem Sitz den alten Bentleys findet, bestärkt seine Befürchtung nur noch. Dort liegt ein längliches Packet und ein Brief, den der Werwolf vorsichtig öffnet. „Ich wusste, du würdest zurückkommen. Die Bremsscheiben haben vermutlich mittlerweile ordentlich Rost angesetzt und der Zünder funktioniert immer noch nicht. Ich habe keine Zeit mehr mich darum zu kümmern, aber ich denke du wirst es eh besser hinkriegen als ich. Sieh die Werkstatt samt Inhalt als Geschenk. Ich habe dafür gesorgt, dass niemand Fragen stellen wird. Du kannst es verkaufen, falls du Geld brauchst. Oder aber du hauchst der Bude wieder etwas Leben ein. Ps: Ich dachte den könntest du gebrauchen. Ich habe ihn deinem Vater abgekauft.“ Und in dem kleinen länglichen Paket fand Ryan seinen Zauberstab, den er damals in den Ferien Zuhause gelassen hatte. ~ Zwei Wochen später erfüllt das Grollen eines Motors die Werkstatt, als der alte Bentley zum Leben erwacht. Tag und Nacht hatte Ryan daran gearbeitet, doch das Wissen von früher aus dem Buch über magische Motoren kam schnell zurück. Er wusste was zu tun war, denn der alte Nachbar hatte es ihm immer und immer wieder gezeigt. Zumindest wie die Muggeltechnik funktioniert. Den Rest weiß er aus den Büchern. Der alte Nachbar, der vermutlich längst gestorben oder weiß Gott wo ist. Ryan würde ihm gern danken, auch wenn sein Geschenk nicht von langer Dauer sein wird. Schließlich ist es ungewiss ob Ryan den nächsten Vollmond überstehen wird. Der Vollmond, der drohend immer näher rückt und damit auch das schlimmer werdende Herzleiden. Schlaflose Nächte gepaart mit schrecklicher Müdigkeit. Wärme, dann Kälte. Herzrasen, dann ein so niedriger Puls, dass es kaum spürbar ist. Er will gerade dem endgültig den Rücken kehren und die Werkstatt verlassen um sich weit entfernt einen Platz für die Verwandlung zu suchen, die in ein paar Tagen bevorstehen wird, da dringt ein Kinderlachen an seine Ohren. Schon bevor er das kleine Mädchen auf der Schaukel im Nachbarsgarten erblickt, weiß er um wen es sich handelt… seine Schwester. Sie trägt ein blaues Kleid und ist nun vermutlich etwa 6 Jahre alt. Ihr Lachen ist fröhlich und unbeschwert. Es macht Ryan klar, wie gut seine Entscheidung war sie in dem Glauben zu lassen, er wäre gestorben… doch gleichzeitig wird ihm auch klar wie sehr er sie vermisst. Er erinnert sich an die Hoffnung, die er damals hatte Belby’s Trank könnte ihn heilen, damit er wieder Kontakt zu seiner Schwester haben könnte ohne sie in Gefahr zu bringen. Er erinnert sich daran, was ihm damals bewegte Belby’s Deal zuzustimmen… ~ Es ist mitten in der Nacht als Ryan an die Tür von Belby hämmert. Unaufhörlich und bis der Forscher schlussendlich an der Haustür erscheint. Ein grimmiger Blick auf dem Gesicht. „Dam… es tut mir leid.“, sagt Ryan ehrlich. Die Stimme fast verzweifelt „Bitte hilf mir.“ Der Forscher mustert den Jungen grimmig. Immerhin hat er das halbe Labor verwüstet. „Du hast es dir also anders überlegt?“ Zögern. „Nein… ich will nicht länger Teil deines Forschungsprojektes sein.“ Ein tiefer Atemzug, dann ein schwaches Nicken. „Wenn das so ist, kann ich leider nichts für dich tun, Ryan. Geh ins St. Mungos. Die können dir genauso gut helfen.“ Die Tür schließt sich, doch Ryan stellt den Fuß dazwischen. „Das kann ich nicht, Dam. Dann wissen sie was ich bin! Du musst mir helfen! Versorg mich und ich werde dafür sorgen, dass du einen anderen Wolf findest. Ich finde jemanden, der sich freiwillig in die Forschung begibt.“ Blicke, die getauscht werden. „Du willst mir also einen Ersatz für dich suchen? Wie willst du das anstellen?“, fragt Belby. Schmale Schultern werden gezuckt. „Mir wird schon was einfallen… wenn nicht, dann kannst du mich doch immer noch rausschmeißen, nicht wahr?“ Stille entsteht, doch schließlich seufzt Belby und öffnet die Tür ein Stück weiter. Nur kurz huscht sein Blick an dem Jungen vorbei zu dem alten Auto in der Einfahrt. „Ist das ein Bentley? Woher hast du den?“ Der Junge grinst selig und betritt das Haus. „Geklaut natürlich.“ |