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Marlene McKinnon - Druckversion

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Marlene McKinnon - Marlene McKinnon - 03.03.2025

    Sommer 1964
    Es war ein später Nachmittag auf dem Landsitz der McKinnons, die Felder lagen golden in der tiefstehenden Sonne, der Wind trug das Summen der Bienen durch den Garten. Marlene saß mit verschränkten Armen auf einer der alten Schaukeln, die langsam zu klein für sie wurde. Ihre Füße scharrten ungeduldig auf dem Kies, während ihr Blick immer wieder zu dem Ferienhaus glitt, in dem ihre Mutter noch immer Besuch empfing. Peregrina hatte ihr versprochen, nach dem Mittagessen mit ihr zu spielen, aber wie so oft war sie beschäftigt geblieben.
    Die kleine Marlene war es gewohnt, dass Erwachsenen keine Zeit für sie hatten. Sie verstand es nicht, aber sie spürte es. Ihr Vater war irgendwo unterwegs, wahrscheinlich mit seinem Besen, und ihre Mutter hatte Wichtigeres zu tun, als ihr zu erzählen, warum sie nicht so oft zu Hause war wie andere Oma und Opa. Also hatte sie, in kindlichem Trotz, beschlossen, dass sie heute nicht brav sein würde. Sie wollte nicht vernünftig warten oder sich mit den Nannys oder Großeltern begnügen. Stattdessen wollte sie im Dreck spielen, wollte das Abenteuer spüren, was alleine einfach nicht so aufregend war.
    Mit einer tiefen Enttäuschung in der Brust trat sie härter gegen den Boden, stieß sich mit aller Kraft ab und pendelte den Schwung immer wieder aus. Am Liebsten würde sie fliegen können und ihren Papa auf seinen Ausflügen begleiten, aber er hatte sie nicht einmal gefragt, ob sie mitkommen will. Die Wut in ihr wuchs. Ein Gefühl breitete sich in ihr aus, heiß und drängend, etwas, das sie nicht greifen konnte. Ihre Finger umklammerten das alte, raue Seil der Schaukel, ihre Lippen bebten vor aufgestauter Frustration. Dann – ein Ruck! Die Schaukel bewegte sich, nicht durch ihre eigenen Beine, sondern wie von einer unsichtbaren Kraft gestoßen. Erst nur ein leichtes Zittern, dann ein kräftiger Stoß, der sie unerwartet hoch in die Luft hob. Marlene keuchte überrascht, ihre Hände krallten sich fester in das Seil. Die Schaukel bewegte sich von allein, immer höher, immer schneller. Der Wind pfiff in ihren Ohren, ihr Herz klopfte wild. Sie wollte es stoppen, wusste aber nicht, wie. In der Panik schrie sie laut auf – und in dem Moment ließ die Kraft nach. Die Schaukel kam abrupt zum Stehen, als hätte jemand die Zeit angehalten.
    Peregrina stand in der Tür des Landhauses, ihre Augen geweitet, ihr Blick auf ihre Tochter gerichtet. Aber anders als Marlene, nicht vollständig aus Angst um ihr Kind, sondern auch mit einer gewissen Bestätigung im Gesicht. Sie hatte es gesehen. Und sie wusste genau, was es bedeutete. Marlene, ihre kleine Marlene, hatte zum ersten Mal gezaubert, ohne es zu wissen.
    Ihre Tochter hingegen wusste nicht genau, was gerade geschehen ist und was es zu bedeuteten hatte, aber in diesem Moment fühlte sie sich gesehen und dieses Gefühl war berauschend.

    Willkommen im Krieg
    “Albus…”, der Name lag ungewohnt auf ihrer Zunge, doch der Klang war seltsam vertraut. Hatte sich ihre Beziehung zueinander nicht geändert, nur die Umstände, die sie zusammen brachten. Marlene war nicht länger Schülerin und Prof. Dumbeldore nicht länger ihr Direktor, doch den Respekt hatte sie nicht verloren. “Du schaust so jung aus, wie in meinen Erinnerungen.” Schelmisch grinsend trat sie bei Seite und lies den Hexer an sich vorbei, dessen graue Haare ihrer Worte Lüge zeichneten. Doch die ehemalige Gryffindor war gut darin Offensichtliches zu verschweigen. Wie etwa, dass dieser Hausbesuch mehr als ungewöhnlich war, oder dass sie die dunklen Ringe bemerkt hatte, welche sich unter seinen Augen abzeichneten. “Schmeichelhaft wie eh und je Marlene.” Er nahm ihr unausgesprochenes Angebot der Vertrautheit an, was sie in der Vermutung bestätigte, dass es eine Herzensangelegenheit war, die sie zu dieser Begegnung brachte. Berechnend ließ Albus seinen Blick über ihre Einrichtung wandern, während sie selbst ihn mit einer Geste zu Verstehen gab sich willkommen zu fühlen, bevor sie aus der Küche eine Schüssel Zitronenbrausebonbons und zwei Gläser voll Goldlackwasser holte. “Du bist hier ja schon richtig angekommen.”, meinte ihr Gast, der mittlerweile zu einem Urteil über ihre Wohnung gekommen ist und sich dankend etwas von den Süßigkeiten nahm. “Und so aufmerksam. Wärst du beim Unterricht nur auch auf die selbe Weise bei Sache gewesen…” “…dann hättet ihr mir noch bessere Noten geben müssen. Das hätte sicherlich Fragen aufgeworfen.” Unterbrach Marlene ungeniert und ließ sich auf das weiche Sofa fallen, welches unter dem Fenster stand. Ihr entging das Schmunzeln nicht, welches sich auf den Lippen des Zauberers ausbreitete, aber nicht seine Augen erreichte. “Wohl wahr. Wie ich hörte haben sie aus der Chance etwas gemacht und eine Ausbildung im Ministerium angefangen. Womit ich auch beim Anlass meines Erscheinens bin…” Er machte eine Pause, als wollte er nach Worten suchen, aber Marlene wusste es besser, denn sie kannte den Blick mit dem Prof. Dumbeldore seine gegenüber studierte. Also setzte sie sich etwas aufrechter hin und erlaubte sich nicht als erstes wegzuschauen. “Der Krieg, von dem hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird, ist näher, als viele glauben. Ich möchte, dass du eine Rolle darin spielst und dabei hilfst ihn zu beenden.” Ohne ein Wort, lehnte sich Marlene nach vorne, zog eine der Marbolo Red Zigaretten aus der Schachtel, die auf sie am Abend zu vor achtlos auf den Tisch geworfen hatte, und zündete sie an. “Widerstand leisten? Albus, sag doch gleich, dass ihr Experten braucht!”. Nur das Nikotin hielt ihre Stimme davon ab zu Zittern. Immerhin wussten sie beide, dass die Entscheidung auch ihr Todesurteil sein konnte. Aber Marlene war bereit für eine bessere Welt zu sterben und vor allem war sie bereit dafür zu kämpfen. Eine gewisse Traurigkeit machte sich auf dem Gesicht ihres ehemaligen Direktors aus, der zu gewissen Teilen wie eine Vaterfigur für sie war. “Das hatte ich befürchtet.”, nun nahm auch er Platz auf dem Sofa ein. “Dann lass mich vom Orden des Phönix erzählen….”

    Vergiss mich - vergiss mich nicht
    Der Hall ihrer Schritte verklang in der Ferne, als Marlene vor der Bürotür zum Stehen kam. Die natürliche Holzmauserung wurde nur von einer schlichten Gravur unterbrochen: "Rufus Scrimgeour" – ein Auror des Zaubereiministeriums und laut ihrer neuesten Informationen Eingeweihter in dieser Angelegenheit.
    Ohne anzuklopfen trat sie ein. Es war niemand sonst zu erwarten, und hätte man ihren Zutritt verwehren wollen, hätte Magie dies längst übernommen.
    „Ah... Ms. McKinnon...“, der Auror wandte sich weniger aus Interesse, sondern mehr durch einen Reflex oder der Höflichkeit wegen in ihre Richtung und gab durch seine Bewegung Blick auf den Gefangenen frei – die Person, die sich durch Unachtsamkeit und Selbstüberschätzung bei dem Versuch, einen unverzeihlichen Fluch zu wirken, hatte erwischen lassen.
    Marlene erkannte den Zauberer im selben Augenblick, in dem er den Kopf hob. Auf dem gesamten Weg hierher hatte sie sich gefragt, ob die Todesser endgültig den Verstand verloren hatten, weil sie sich schließlich alle die Gehirnzelle eines Knuddelmuffs teilen mussten, oder es gar ein Ablenkungsmanöver der Gegenseite sein könnte. Doch nun war sie sich nicht sicher, ob es nicht pure Absicht gewesen war, sich bei dem Vorhaben in Gewahrsam nehmen zu lassen.
    Marlene tat ihr Bestes sich die Verwirrung nicht anerkennen zu lassen, aber jemand der sie kannte, konnte die Verständnislosigkeit sehen, die sich in ihrem Gesicht breit machte. Ihr Gegenüber schien genauso überrascht von dieser Wendung. Seine Lippen waren geziert von einem Schmunzeln, welches ihn in Kombination mit den schwarzen Locken, die ihm wild in die Stirn fielen, glücklich und gleichzeitig wahnsinnig aussehen ließen. Hätte sie die Gelegenheit nur genutzt und dem Gespräch zuvor gelauscht oder war das Lächeln ihr geschuldet? Obwohl sie es nicht zu gab, besaß die sie ein weiche Seite für den Schwarzhaarigen, der zu Schulzeiten keine Gelegenheit verpasst hatte sie zu hofieren. Doch wie manch anderer hatte er dabei nie den Stolz verloren, war stets maßvoll gewesen und hatte auf kreative Art und Weiße dafür gesorgt, dass sie manchmal sogar geneigt war ihm eine Chance zu geben. So weit war es nie gekommen, hatte doch Lily - stets die Stimme der Vernunft - sie daran erinnert, dass Lestrange nur versuchte jede ins Bett zu kriegen und sie damit nur eine Trophäe in seinem Bilderbuch werden würde.
    Noch immer wie versteinert hörte sie, wie die Tür hinter ihr mit einem lauten Knall ins Schloss fiel.
    "Benötigen Sie noch etwas, haben Sie den richterlichen Beschluss bereits zu Gänze gelesen? Sofern keine Fragen mehr offen sind, können Sie gern beginnen.", riss Scrimgeours mahnender Unterton sie in die Gegenwart zurück. Kurz schüttelte sie ihren Kopf, befreite sich selbst von jeglichen Gedanken und suchte den Blickkontakt des jungen Mannes. Dieses eine Mal glänzten ihre Augen nicht herausfordernd, sondern wurden von einer Tiefgründigkeit durchzogen, in die man hätte eintauchen können. Dann zog sie ihren Zauberstab und richtete ihn auf seine Brust.
    „Legilimens.“
    Zu erst fand sich Marlene im Nichts wieder – eine kalte, endlose Leere, die jedes Mal gleich und doch niemals leichter zu ertragen war. Dann rauschten Bilder, Farben und Stimmen an ihr vorbei, bis plötzlich eine Mauer ihre Sicht versperrte. Ein Schutzmechanismus. Marlene fürchtete schon, gescheitert zu sein, bevor ein Eindringen in Rabastans Gedanken überhaupt möglich war. Während sich um sie herum Wände aufbauten, versuchte sie aus ihrer misslichen Lange zu entkommen, doch es war wie ein Labyrinth, welches sich bei jedem ihrer Schritte bewegte.
    Plötzlich hörte sie ihr eigenes Lachen. „Marlene...“, erklang sein sanfter Ruf – so herzlich und klar, als wäre es echt. Und als sie sich umdrehte stand er dort wirklich. Von irgendwas zurückgehalten, was bei näherem Hinsehen wie riesige Spinnenfäden wirkten. Beinahe wollte sie fragen, was das ganze sollte, doch dann wurde seine Gestalt unscharf, als wäre es nur die Spiegelung in Wasser gewesen, welches durch Wind aufgewühlt wurde und sie realisierte, dass es nur eine Erinnerung gewesen ist. Bis sie ihn das nächste Mal scharf ausmachen konnte, war sein Blick schmerzverzehrte. Jemand hielt seinen Arm gepackt während sich das Todesserzeichen langsam in seine Haut brannte. Marlene wollte schreien vor Entsetzen, wollte es verhindern, doch bevor sie auf die Szene zu stürmen und eingreifen konnte, tauchte ein neues Bild vor ihr auf: Rudolphus und Dolohov, deren scharfe Stimmen keine klaren Worte formten, doch eine Herabgelassenheit deutlich zum Ausdruck brachten. Rabastan fühlte sich verloren, und Marlene spürte es, als wäre es ihr eigener Schmerz. Doch das war nicht das, wonach sie suchte, deshalb drängte sie  sich tiefer in seine Gedanken. Gib mir mehr, Rabastan, dachte sie, auch wenn sie wusste, dass sie dies eigentlich garnicht wollte. Schließlich sah sie den misslungenen Auftrag und den Moment seiner Gefangennahme. Marlene fing die Erinnerung ein und ersetzte das Bild der Niederlage durch Triumph.
    Und dann – weil sie nicht widerstehen konnte fügte sie ein zufälliges Treffen zwischen ihnen hinzu, ein flüchtiges Lächeln, das sie ihm vielleicht eines Tages in der Realität schenken würde, wenn sie ihn nach dem Grund fragte, wegen dem sie sich an dem Tag begegnet sind, nur um herauszufinden, wie viel er ihr ohne Magie verraten würde.
    Die Hexe merkte, wie ihr die Zeit ausging, dass ihr Zauber noch lange nicht stark genug war, um mehr zu verrichten, aber sie wollte noch nicht gehen. Hätte gern mehr gesehen, von dem Zwiespalt, der in dem jungen Lestrange lebte, und ihn in Situationen wie diese brachte. Und sie wollte ihm ein wenig davon nehmen. Aus Mitleid und weil sie auf gewisse Weise wusste, wie schwer es war den engsten Umkreis zu belügen und ein falsches Spiel vorzuspielen. Doch der Spruch zog sie bereits zurück in die Wirklichkeit, ließ ihr gerade noch genug Möglichkeit die Spuren ihres Eindringens zu sanieren und ihn die nächsten Momente vergessen
    Als ihr Bewusstsein vollständig in sie zurückkehrte, verharrte die ehemalige Gryffindor für einen weiteren Atemzug in dem Blickfeld seiner dunklen Augen, die ihr so viel verraten hatten.
    Was machst du nur... dachte sie und wusste nicht, ob der Gedanke an sie oder ihren Gegenüber gerichtet war. Dann erinnerte sie sich daran, dass sie nicht allein war. Marlene räusperte sich, um den Kloß in ihrem Hals loszuwerden. „Meine Arbeit ist getan. Sie kümmern sich um ihn, richtig?“
    Scrimgeour nickte nur stumm, während Marlene sich ohne ein weiteres Wort abwandte und den Raum verließ – schwerfälliger als bei ihrem Eintritt und einem Herz, das laut gegen ihre Blust schlug.